Das Projekt "BIOTESS" zielt darauf ab, biobasierte Phasenwechselmaterialien (PCM) aus flüssigen Abfallsubstraten zu gewinnen, die aus Bioabfallbehandlungen, gebrauchten Speisefetten und Fettrückständen von Fettabscheidern stammen. Die Nutzung dieser Abfallstoffe zur Herstellung von Bio-PCM bietet zwei wesentliche Vorteile: Erstens entsteht keine Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion, wie es bei derzeit existierenden Bio-PCM aus Pflanzenölen wie Kokos- oder Palmöl der Fall ist. Zweitens werden die verwendeten Abfallstoffe aufgewertet und für hochwertigere Anwendungen genutzt. Die Verwendung von Sicker- und Prozesswässern aus biologischen Abfallbehandlungsanlagen kann zudem die Behandlungskosten der Bioabfälle senken. Durch die Abtrennung der darin enthaltenen Carbonsäuren kann die organische Belastung dieser Substrate reduziert und somit die Entsorgungskosten gesenkt werden, was sich positiv auf die Abfallgebühren auswirken kann.
Fettsäuren aus Prozess- und Sickerwässern von Abfallbehandlungsanlagen werden derzeit kaum genutzt und nur selten zur Biogaserzeugung verwendet. Gebrauchte Speisefette und Fette von Fettabscheidern werden aktuell meist in Biodiesel umgewandelt und energetisch genutzt. Biodiesel steht jedoch vor verschiedenen Herausforderungen, die seine Weiterentwicklung behindern. Durch die Umwandlung dieser Substrate in PCM entstehen lagerfähige Produkte, die größere Mengen Kohlenstoff, die sonst als CO2-Emissionen freigesetzt würden, in den PCM binden. Dies könnte zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen aus Abfallbehandlungsanlagen führen.
Im weiteren Verlauf des Projekts werden die neu hergestellten Bio-PCM mikroverkapselt und als Latentwärmespeicher-Additiv in einen Thermischen EnergieSpeicherSchaum (TESS) integriert, um mineralische, multifunktionale Dämmplatten herzustellen. Dieses Materialkomposit dient als innovative Technologie zur Dämmung von neuen und bestehenden Gebäuden.
Die mikroverkapselten Bio-PCM haben die Fähigkeit, bei bestimmten Temperaturen einen Phasenwechsel durchzuführen und dabei Energie aufzunehmen oder abzugeben. Durch die intelligente Einbindung der mikroverkapselten Bio-PCM im Schaum kann die Wärmespeicherkapazität des Thermischen EnergieSpeicherSchaums (TESS) signifikant verbessert werden. Der Phasenwechsel und die damit verbundene Wärmespeicherung ermöglichen es dem innovativen TESS-Dämmstoff, das Innenklima im Vergleich zu herkömmlichen Dämmstoffen zu optimieren und gleichzeitig die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die derzeit verfügbaren Wärmedämmsysteme und Gebäudehüllen bestehen in der Regel aus verschiedenen Einzelprodukten, was technische und ökologische Nachteile aufgrund der fehlenden Integration des Designs mit sich bringt. Die Anwendung der TESS-Produkte und -Technologien ist hingegen einfach und besteht hauptsächlich aus einer Schicht TESS-Dämmstoff, die mit einer Schutzschicht aus Putz und eventuell einer Farbbeschichtung kombiniert wird. Ein verbessertes Design von Hüllenelementen kann ebenfalls angestrebt werden, indem die Leistung des neuen Dämmstoffs als integriertes System genutzt wird. Im Rahmen des Projekts werden für die beiden Produktstufen parallel marktorientierte Konzepte unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten entwickelt.
TU Darmstadt
Institut für Werkstoffe im Bauwesen
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